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Es gibt flüchtige Leser und äußerst exakte Leser. Es gibt professionelle Leser und Hobby-Leser. Es gibt Diagonal-, Quer- und Rückwärtsleser. Es gibt ...
Hektor Haarkötter, “Der Bücherwurm

Jetzt ist schon wieder was passiert. Und ob du es glaubst oder nicht. Zur Abwechslung einmal etwas Gutes. Weil erlebst du auf einer Intensivstation auch nicht jeden Tag, dass dir ein Hoffnungsloser noch einmal wird.
Wolf Haas, “Das ewige Leben”

Meine Großmutter hat immer zu mir gesagt, wenn du einmal stirbst, muss man das Maul extra erschlagen. Und da sieht man, wie ein Mensch sich verändern kann.
Wolf Haas, “Der Brenner und der liebe Gott”

Literaturbeilage: Herr Haas, ich habe lange hin und her überlegt, wo ich anfangen soll.
Wolf Haas, “Das Wetter vor 15 Jahren”

Jetzt ist schon wieder etwas passiert. Und manchmal beneide ich die Vögel, die über dem Augarten kreisen und von der ganzen Sache nichts wissen. Weil als Vogel hast du die berühmte Perspektive, du drehst deine Parkrunden, immer schön majestätisch.
Wolf Haas, “Wie die Tiere”

Früher hat man gesagt, die Russinnen. Die sind groß und muskulös wie Hammerwerfer, die arbeiten beim Straßenbau, und unter den Achseln haben sie soviele Haare, dass sich noch ein Toupet für ihren Mann ausgehen würde und ein zweites für den ersten Parteisekretär.
Wolf Haas, “Brennerova”

"Verrate mir bitte nicht deinen Namen", sagte Benjamin Lee Baumgartner zu der freundlich aus ihrem kleinen Imbisscontainer auf ihn herabblickenden Burgerverkäuferin.
Wolf Haas, “Verteidigung der Missionarsstellung”

Mit vier Jahren brach ich mir zum ersten Mal das Bein. Mein großer Bruder hatte zusammen mit seinen noch größeren Freunden und deren noch größeren Brüdern eine Sprungschanze gebaut.
Wolf Haas, “Junger Mann”

Vorigen Sommer bin ich einmal am See unten gesessen, die kleine Bucht da gleich neben der Straße, wo nie Leute sind, weil es so viele Glasscherben anschwemmt.
Wolf Haas, “Müll”

Drei Tage vor ihrem Tod, sie war fast fünfundneunzig Jahre alt und nicht mehr ganz da, erkundigte sich meine Mutter bei mir nach ihren Eltern: "Dort, wo meine Leute jetzt sind", sagte sie, und als ich nicht gleich verstand, wovon sie sprach, präzisierte sie: "Meine Mami und mein Tati, wo die jetzt sind, ich weiß nicht wie es da heißt, aber kannst du dort vielleicht mit dem Handy anrufen und ihnen sagen, dass es mir gut geht."
Wolf Haas, “Eigentum”

Ein Borgia bin ich, ein zweifacher, dreifacher Borgia vielleicht. Meine Herkunft ist ein Rätsel für andere und für mich selber ein Geheimnis, mehr noch, ein Quell der Qualen.
Hella S. Haasse, “Die scharlachrote Stadt”

Alles wird anders, verkündete Dave, als der Umzugswagen klappernd davonfuhr, und hob Sara auf seine Schultern, was er schon lange nicht mehr getan hatte, ...
Katharina Hacker, “Die Habenichtse”

Ich heiße Skip Landau, meine Mutter stammt aus England, mein Vater aus Paris, seine Eltern sind aus Ungarn nach Frankreich ausgewandert, weil sie als Juden in Ungarn nicht Medizin studieren durften.
Katharina Hacker, “Skip”

Am 18. August 1933 entdeckte der Pförtner des Krankenhauses von Steyr ein schlafendes Kind.
Erich Hackl, “Abschied von Sidonie”

Heute nacht werde ich von Rudi Friemel träumen.
Erich Hackl, “Die Hochzeit von Auschwitz”

Eines Tages sah sich Aurora Rodríguez veranlaßt, ihre Tochter zu töten.
Erich Hackl, “Auroras Anlaß”

Es war 7 Minuten nach Mitternacht. Der Hund lag mitten auf dem Rasen vor Mrs. Shears' Haus, und seine Augen waren geschlossen.
Mark Haddon, “Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone”

Großmutter gibt mir ein Zeichen mit der Hand, ich solle ihr folgen.
Maja Haderlap, “Engel des Vergessens”

Reisen ... Frei und leichten Sinnes treiben in den Reihen der Reisenden.
Rudolf Hagelstange, “Altherrensommer”

"Tante Anna starb mit sechzehn an einer Lungenentzündung, die aufgrund ihres gebrochenen Herzens und des noch nicht entdeckten Penizillins nicht heilen konnte. Ihr Tod trat an einem Spätnachmittag im Juli ein. Und als Annas jüngere Schwester Bertha daraufhin weinend in den Garten rannte, sah sie, dass mit Annas letztem rasselnden Atemzug alle roten Johannisbeeren weiß geworden waren."
Katharina Hagena, “Der Geschmack von Apfelkernen”

Alles ist voller Zeichen. Allein schon ein Briefumschlag: Da sind die Postwertzeichen, Stempel und Strichcodes, die Schrift des Absenders - gedruckt oder mit der Hand geschrieben, mit Laserdrucker, Tinte, Kugelschreiber oder Filzstift.
Katharina Hagena, “Vom Schlafen und Verschwinden”

- Kanada -
Die Stimme, von der man nicht sagen kann, ob sie männlich oder weiblich ist, bricht ab.
- Ja, ich warte ... Also. Kann er da ... schon gut. Was ich fragen wollte: Kann er da nicht noch mal draufschauen? Doch, ich habe Zeit mitgebracht. Ja, ich weiß, wo das Wartezimmer ist.
Katharina Hagena, “Das Geräusch des Lichts”

Judith raucht hastig, mit dem Rücken gegen die Wohnungstür gelehnt. Sie läßt den Rauch tief in ihre Brust einströmen und atmet ihn durch die Nasenflügel wieder aus.
Anna Katharina Hahn, “Kürzere Tage”

Es war noch früh und doch schon sehr warm, als Emil Bub an den Rand seines Balkons trat. In der Einfahrt des Nachbargrundstücks hob ein Mann einen schlammverschmierten Glasbehälter aus einem rostigen Fiat.
Anna Katharina Hahn, “Am schwarzen Berg”

Der Pfannkuchen klebt an der Decke, gleich neben der Hängelampe, die einen gelben Lichtkreis auf den Küchentisch wirft. Elisabeth ist viel zu verblüfft, um sich aufzuregen.
Anna Katharina Hahn, “Aus und davon”

Lommer jonn, hatte der Großvater gesagt, lasst uns gehen!, in die Luft gegriffen und sie zwischen den Fingern gerieben. War sie schon dick genug zum Säen, dünn genug zum Ernten?
Ulla Hahn, “Aufbruch”

Lommer jonn, sagte der Großvater, laßt uns gehen, griff in die Luft und rieb sie zwischen den Fingern.
Ulla Hahn, “Das verborgene Wort”

Seine Möbel hatte er, soweit sie Platz fanden, mitnehmen können, selbst einen großen Teil der Bibliothek, den Rest wußte er bei der Tochter gut untergebracht.
Ulla Hahn, “Unscharfe Bilder”

Lommer jonn, hatte der Großvater gesagt, zum ersten, zum zweiten und zum dritten Mal: Ich kann sie doch nicht einfach sitzen lassen im hillije Kölle, meine Hilla, mit dieser Lichtung, dieser Nacht in ihrem jungen Leben, da muss einer her, der sie erlöst, muss Freude her, Party, Lebenslust.
Ulla Hahn, “Spiel der Zeit”

Lommer jonn, sagt der Großvater und greift in die Luft: Ist sie schon dick genug zum Säen, dünn genug zum Ernten? Geht's an den Rhein, ans Wasser?
Ulla Hahn, “Wir werden erwartet”

Ich bin Musiklehrerin, eine von der gemeinen Sorte. So wie diese reizbare alte Ziege, die Sie aus ihrer Jugend kennen, vor deren Anblick Sie sich fürchteten und vor deren Atem Sie sich grausten, wenn sie sich über Sie beugte und Ihre Finger verbog.
Barbara Hall, “Die Geigenlehrerin”

Es waren Krähen in seinen Augen, als er herausrückte damit; gestand, daß er der Mörder sei.
Rodney Hall, “Gefangen”

Es war der dritte Tag mit Nordwind. Der Fluss, die Uferbäume vor den Fenstern steckten wie schon gestern und vorgestern in einer Hülle aus Nebel: Schwaden, in denen schattenhaft Zweige und Äste auftauchten und verschwanden.
Christian Haller, “Der seltsame Fremde”

Samuel Spades Unterkiefer war lang und knochig.
Dashiell Hammett, “Der Malteser Falke”

Grüne Würfel rollten über den grünen Tisch, stießen gleichzeitig gegen den Rand und prallten zurück.
Dashiell Hammett, “Der gläserne Schlüssel”

Ich lehnte in einer Kneipe in der Zweiundfünfzigsten Straße an der Bar und wartete darauf, daß Nora mit ihren Weihnachtseinkäufen fertig würde, als ein Mädchen vom Tisch aufstand, an dem sie mit drei anderen Leuten gesessen hatte, und zu mir herüberkam.
Dashiell Hammett, “Der dünne Mann”

Es war zu jener Zeit, als ich in Kristiania umherging und hungerte, in dieser seltsamen Stadt, die keiner verläßt, ehe er von ihr gezeichnet worden ist.........
Knut Hamsun, “Hunger”

Der lange, lange Pfad über das Moor in den Wald hinein - wer hat ihn ausgetreten? Der Mann, der Mensch, der erste der hier war. Für ihn war noch kein Pfad vorhanden. Später folgte dann das eine oder andere Tier der schwachen Spur über Sümpfe und Moore und machte sie deutlicher ...
Knut Hamsun, “Segen der Erde”

Bevor meine Frau zur Vegetarierin wurde, hielt ich sie in jeder Hinsicht für völlig unscheinbar.
Han Kang, “Die Vegetarierin”

Dem Monteur Josef Bloch, der früher ein bekannter Tormann gewesen war, wurde, als er sich am Vormittag zur Arbeit meldete, mitgeteilt, dass er entlassen sei.
Peter Handke, ”Die Angst des Tormanns beim Elfmeter”

Die Jefferson Street ist eine stille Straße in Providence. Sie führt um die Geschäftsviertel herum und mündet erst im Süden der Stadt, wo sie inzwischen Norwich Street heißt, in die Ausfahrtsstraße nach New York.
Peter Handke, “Der kurze Brief zum langen Abschied”

Unter der Rubrik VERMISCHTES stand in der Sonntagsausgabe der Kärntner "Volkszeitung" folgendes: "In der Nacht zum Samstag verübte eine 51jährige Hausfrau aus A. (Gemeinde G.) Selbstmord durch Einnehmen einer Überdosis von Schlaftabletten."
Peter Handke, “Wunschloses Unglück”

Sie war dreißig Jahre alt und lebte in einer terrassenförmig angelegten Bungalowsiedlung am südlichen Abhang eines Mittelgebirges, gerade über dem Dunst einer großen Stadt.
Peter Handke, ”Die linkshändige Frau”

Der hochgewachsene schlanke Farbige in der Polizeiuniform, mit den Handschellen und der Pistole, das ist Angel, einmal hat er sogar geschossen.
Ernst-Wilhelm Händler, “Wenn wir sterben”

“Good bye Tijuana!” Jacob Armacost schrie in den Fahrtwind. Sie mußten schnellstens die Grenze erreichen!
Ernst-Wilhelm Händler, “Welt aus Glas”

Sehr geehrte Herren! Ihrer Anzeige in der Saturday Review of Literature entnehme ich, dass Sie auf Bücher spezialisiert sind, die nicht mehr lieferbar sind. Die Bezeichnung “Antiquariat” erschreckt mich ein wenig, da ich “antik” mit “teuer” gleichsetze.
Helene Hanff, “84, Charing Cross Road”

Der Sommer hatte spät begonnen.
Iris Hanika, “Treffen sich zwei”

In manchen Nächten, wenn der Sturm von Westen kam, stöhnte das Haus wie ein Schiff, das in schwerer See hin- und hergeworfen wurde. Kreischend verbissen sich die Böen in den alten Mauern.
Dörte Hansen, “Altes Land”

Der erste Sommer ohne Störche war ein Zeichen, und als im Herbst die Stichlinge mit weißen Bäuchen in der Mergelkuhle trieben, war auch das ein Zeichen. "De Welt geiht ünner", sagte Marret Feddersen und sah die Zeichen überall.
Dörte Hansen, “Mittagsstunde”

“Ich war ein EMBRYO und wusste alles. Ich wurde ins Leben gepresst und vergaß mein Wissen. Ich wurde ins Leben gefickt. Man entnahm mir mein Wissen. Ich will Rache. (...)”
Nino Haratischwili, “Juja”

Eigentlich hat diese Geschichte mehrere Anfänge. Ich kann mich schwer für einen entscheiden. Da sie alle den Anfang ergeben.
Nino Haratischwili, “Das achte Leben (für Brilka)”

Sie sah in den Himmel. Durch die dichte Wolkendecke erkannte sie einen schmerzlich grellen Kreis. Sie hatte das Gefühl, dass sie durch das blendende Weiß hindurch die glühenden Knochen sehen könnte, würde sie nur lange genug hinstarren, würde sie nur aushalten, wenn ihre Netzhaut Feuer fing. Aber sie wandte den Blick ab, der Himmel hatte sich in Sekundenschnelle zugezogen, und die Wolken trieben den Nebel in die Schlucht.
Nino Haratischwili, „Die Katze und der General“

Das Abendlicht verfing sich in ihren Haaren. Sie würde es schaffen, gleich würde sie auch dieses Hindernis überwinden, ihren Körper mit voller Wucht gegen das Gitter pressen, bis es ihrem Gewicht nur noch einen schwachen Widerstand leisten, leicht aufstöhnen und nachgeben würde. Ja, sie würde dieses Hindernis nicht nur für sich, sondern auch für uns drei durchbrechen, um ihren unzertrennlichen Gefährtinnen den Weg ins Abenteuer frei zu machen.
Nino Haratischwili, „Das mangelnde Licht“

Eines Abends in den letzten Tagen des Mai wanderte ein Mann mittleren Alters heimwärts von Shaston nach dem Dörfchen Marlott im benachbarten Tale von Blakemore oder Blackmoor.
Thomas Hardy, “Tess von den d'Urbervilles”

Der Vater von einem Mädchen gegenüber hat einmal ein Iglu rechts neben der Klopfstange gebaut.
Roswitha Haring, “Ein Bett aus Schnee”

Ende August 1939 war unsere Erkundungsfahrt zu Ende.
Heinrich Harrer, “Sieben Jahre in Tibet”

Halb in der Erde vergraben im Untergeschoß des Akademiegebäudes in Quantico befindet sich die Abteilung des FBI, die sich mit Mordserien befaßt, die Verhaltensforschung.
Thomas Harris, “Das Schweigen der Lämmer

Dicke Wolken hatten während der ganzen Nacht auf Berlin gedrückt und jetzt schleppten sie sich in das hinein, was als Morgen galt.
Robert Harris, “Vaterland”

Cambridge im vierten Kriegswinter: eine Geisterstadt. Ein unaufhörlicher eisiger Wind, den über tausend Meilen hinweg nichts hatte aufhalten können, peitschte von der Nordsee herein und fegte über die flache Landschaft.
Robert Harris, “Enigma”

Vor langer Zeit - lange bevor Sie auf der Welt waren, mein Junge - stand eines Nachts ein Leibwächter auf der rückseitigen Veranda eines großen Hauses in Moskau und rauchte eine Zigarette.
Robert Harris, “Aurora”

Als ich hörte, wie McAra gestorben war, hätte ich aufstehen und gehen sollen. Heute weiß ich das.
Robert Harris, “Ghost”

Dr. Alexander Hoffmann saß im Arbeitszimmer seines Genfer Hauses vor dem Kamin. Im Aschenbecher lag eine kalte, halb gerauchte Zigarre, der Schirm der verstellbaren Schreibtischlampe war weit nach vorn über seine Schulter gezogen.
Robert Harris, “Angst”

Kardinal Lomeli verließ seine Wohnung im Palast des heiligen Offiziums kurz vor zwei Uhr morgens und eilte durch die dunklen Kreuzgänge des Vatikans zum Schlafzimmer des Papstes.
Robert Harris, “Konklave”

Dienstagmittag, 27. September 1938, kurz vor eins. Im Restaurant des Londoner Ritz wurde Mr. Hugh Legat, Beamter im diplomatischen Dienst Seiner Majestät, zu seinem Tisch an einem der raumhohen Fenster geleitet.
Robert Harris, “München”

Am Spätnachmittag des neunten Tages im April des Jahres Unseres Herrn 1468, einem Dienstag, suchte ein einsamer Reiter seinen Weg. Sollten Sorgen die Züge des jungen Mannes verdunkelt haben, so hatte er zugegebenermaßen allen Grund dazu. Seit mehr als einer Stunde war er in der wilden, altertümlichen Moorlandschaft im Südwesten Englands, die seit den Tagen der Sachsen als Wessex bekannt war, keiner Menschenseele mehr begegnet.
Robert Harris, “Der zweite Schlaf”

An jenem Samstagmorgen Ende November 1944 lagen in dem Lokschuppen im holländischen Seebad Scheveningen drei ballistische, je fünfzehn Meter lange Raketen: in stählernen Betten, die öligen Decken zurückgeschlagen, und an Monitore angeschlossen wie verhätschelte Patienten einer Privatklinik.
Robert Harris, “Vergeltung”

Es gibt eine innere Landschaft, eine Struktur der Seele, nach deren Umrissen wir unser ganzes Leben suchen.
Josephine Hart, “Verhängnis”

Am Dienstag, 14. Mai 1940 legte ein Heringskutter nachmittags um halb fünf in einem Hafenstädtchen am Nieuwe Waterweg ab. An Bord waren sieben Mann Besatzung, ein „Prickenbeißer“, eine Eng- länderin und drei jüdische Ehepaare. Eines der Ehepaare war nach der Kristallnacht aus Deutschland geflohen. Der Mann war ein begabter Geiger.
Maarten 't Hart, “Das Wüten der ganzen Welt”

Mein Vater war Totengräber. Sein Arbeitstag fing um halb acht an. Von halb eins bis halb zwei durfte er Pause machen.
Maarten 't Hart, “Der Flieger”

Am Abend des 9. Oktober anno 1739, nach dem Jahrhundertfest, durfte er mit einem brennenden Leuchter zu Bett gehen.
Maarten 't Hart, “Der Psalmenstreit”

An einem sonnigen, windstillen Septembertag rasten wir zu einer Grube in Groningen.
Maarten 't Hart, “Der Schneeflockenbaum”

Ebbe; die Fähre hatte am niedrigsten Steg angelegt. Radfahrer fuhren ans Ufer; Autos starteten ihre Motoren.
Maarten 't Hart, “Die Jakobsleiter”

Neletta Minderhout zog die Gardine zurück und sah, daß es in der Nacht geschneit hatte. Jacob Minderhout erwachte, richtete sich langsam auf und fragte: "Was ist los?"
Maarten 't Hart, “Die Netzflickerin”

"Erklär es mir", sagte Jenny. "Du mit deiner Bildung mußt es doch wissen: Was ist das Leben?" "Der vorübergehende Aufenthalt eines Sonnenstrahls auf seinem Weg in das Weltall", sagte ich.
Maarten 't Hart, “Die schwarzen Vögel”

Roos war tot., und ich wußte nicht, was ich anziehen sollte. Wenn es doch Winter wäre, dachte ich, dann würde ich meinen schwarzen Mantel anziehen.
Maarten 't Hart, “Die Sonnenuhr”

In diesem Raum habe ich den Sommer eingefangen. Insekten summen träge in der feuchten Wärme. Die Zeit verstreicht in ihrem Flügelschlag.
Maarten 't Hart, “Ein Schwarm Regenbrachvögel”

"Zieh dich schon mal aus." "Ganz?" "Stell keine Fragen, deren Antwort du kennst."
Maarten 't Hart, “In unnütz toller Wut”

September. Hester und ich traten beim Voorhoutfestival auf. Nach unserem letzten Stück sagte sie: "Ich kann dich nicht nach Hause bringen, ich muss noch weiter nach Schiedam."
Maarten 't Hart, “Unterm Scheffel”

Lassen Sie uns ein Paradies besuchen. Wir gelangen über einen Grünstreifen hinein, der doppelt so breit wirkt wie der Weg, an dem er entlangführt.
Maarten 't Hart, “Unter dem Deich”

Am Dienstag, dem 25. November 1952, wurde ich acht Jahre alt. Diesem Geburtstag hatten nicht nur ich, sondern auch meine Eltern sehnsüchtig entgegengesehen.
Maarten ‘t Hart, “Magdalena”

In dichtem Nebel stießen 1980 bei Winsum zwei Blaue Engel zusammen. Neun Tote, einundzwanzig Verletzte. Eine der Toten war Lore.
Maarten ‘t Hart, “Der Nachtstimmer”

Wir haben eine Buchhandlung gekauft. In Wien. Wir haben eine Mail mit einer Zahl geschrieben, ein Gebot, einen Betrag, den wir gar nicht hatten, und nach einigen Wochen kam die Antwort: Sie haben eine Buchhandlung gekauft.
Petra Hartlieb, “Meine wundervolle Buchhandlung”

Am 20. März 1770 wurde Johann Christian Friedrich Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. - Ich schreibe keine Biographie. Ich schreibe vielleicht eine Annäherung.
Peter Härtling, “Hölderlin”

Kurz nach vier wirft um diese Jahreszeit die Sonne, die hinter dem Dach des gegenüberliegenden Hauses untergeht, den Schatten der Gardinen ins Zimmer, ein verzerrtes Waffelmuster.
Peter Härtling, “Große, kleine Schwester”

Sie drückte sich zwischen Tür und Spiegel, wartete auf ihn, der stets pünktlich auf die Minute schellt, dem Domeier öffnet, ...
Peter Härtling, “Waiblingers Augen”

Der Hirbel ist der schlimmste von allen, sagten die Kinder im Heim. Das war nicht wahr. Doch die Kinder verstanden den Hirbel nicht.
Peter Härtling, “Das war der Hirbel”

Bohr nicht in der Nase, du Indianer, sagt Mutter. Das sagt sie immer, wenn er in der Nase popelt.
Peter Härtling, “Ben liebt Anna”

Ist da jemand?, fragte er, horchte in die Wohnung, sackte auf dem Schreibtischstuhl wieder zusammen. Wie so oft hatte das Parkett im Flur geknarzt. Manchmal, wenn die Stille übermächtig wurde, hatte er den Eindruck, sein Bewusstsein dehne sich aus und ströme wie Gas in die Zimmer, fülle die ganze Wohnung.
Peter Härtling, “Der Gedankenspieler”

Ich traue ihm alles zu. Er könnte wieder, wie vor Jahren, unerwartet im Treppenhaus stehen, nach den Kindern rufen, in der Küche nachsehen, was es zum Abendessen gibt, mich knapp grüßen, sich dann auf die Terrasse setzen, den abgenutzten Hut auf den Knien, und, kaum haben wir das Gespräch begonnen, wieder aufstehen und sich verabschieden.
Peter Härtling, “Felix Guttmann”

"Das ist nicht mein Mann!" Mrs Cook, ganz in Schwarz, schaute ungläubig aufs Bild, das John Webber, der Maler, eben enthüllt und vor sie hingestellt hatte.
Lukas Hartmann, “Bis ans Ende der Meere”

“Also sie ham uns den Ferdinand erschlagen", sagte die Bedienerin zu Herrn Schwejk, der vor Jahren den Militärdienst quittiert hatte, nachdem er von der militärärztlichen Kommission endgültig für blöd erklärt worden war, und der sich nun durch den Verkauf von Hunden, häßlichen, schlechtrassigen Scheusalen, ernährte, deren Stammbäume er fälschte.
Jaroslav Hašek, “Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk”

Ich war zu schnell unterwegs, das wußte ich. Die Dunkelheit ringsum. Der dichte Schneefall. Die Straße war nicht geräumt.
Josef Haslinger, “Das Vaterspiel”

Fred ist tot. Die Franzosen haben ihn nicht beschützt.
Josef Haslinger, “Opernball”

Wer durch Schwaben reist, der sollte nie vergessen, auch ein wenig in den Schwarzwald hineinzuschauen; nicht der Bäume wegen, obgleich man nicht überall solch unermeßliche Menge herrlich aufgeschossener Tannen findet, sondern wegen der Leute, die sich von den andern Menschen ringsumher merkwürdig unterscheiden. Sie sind größer als gewöhnliche Menschen, breitschultrig, von starken Gliedern, und es ist, als ob der stärkende Duft, der morgens durch die Tannen strömt, ihnen von Jugend auf einen freieren Atem, ein klareres Auge und einen festeren, wenn auch raueren Mut als den Bewohnern der Stromtäler und Ebenen gegeben hätte.
Wilhelm Hauff, “Das kalt Herz”

Vor vielen Jahren, als im Spessart die Wege noch schlecht und nicht so häufig als jetzt befahren waren, zogen zwei junge Burschen durch diesen Wald. Der eine mochte achtzehn Jahre alt sein und war ein Zirkelschmied, der andere, ein Goldarbeiter, konnte nach seinem Aussehen kaum sechzehn Jahre haben und tat wohl jetzt eben seine erste Reise in die Welt.
Wilhelm Hauff, “Das Wirtshaus im Spessart”

Der Kalif Chasid zu Bagdad saß einmal an einem schönen Nachmittag behaglich auf seinem Sofa; er hatte ein wenig geschlafen, denn es war ein heißer Tag, und sah nun nach seinem Schläfchen recht heiter aus.
Wilhelm Hauff, “Die Geschichte von Kalif Storch”

In Nicea, meiner lieben Vaterstadt, wohnte ein Mann, den man den kleinen Muck hieß. Ich kann mir ihn, ob ich gleich damals noch sehr jung war, noch recht wohl denken, besonders weil ich einmal von meinem Vater wegen seiner halbtot geprügelt wurde.
Wilhelm Hauff, “Die Geschichte von dem kleinen Muck”

Diejenigen tun sehr unrecht, welche glauben, es habe nur zu Zeiten Harun Al Raschid, des Beherrschers von Bagdad, Feen und Zauberer gegeben, oder die gar behaupten, jene Berichte von dem Treiben der Genien und ihrer Fürsten, welche man von den Erzählern auf den Märkten der Stadt hört, seien unwahr.
Wilhelm Hauff, “Der Zwerg Nase”

Allsonntäglich saß der Bahnwärter Thiel in der Kirche zu Neu-Zittau, ausgenommen die Tage, an denen er Dienst hatte oder krank war und zu Bette lag.
Gerhard Hauptmann, ”Bahnwärter Thiel“

Grünthal, am 10. Dezember 1894. Merkwürdig: die letzten acht Jahre meines Lebens erschienen mir wie ein Tag, dagegen die Zeit von gestern zu heut durch Jahrzehnte getrennt auseinander liegt.
Gerhart Hauptmann, “Buch der Leidenschaft”

An einem Sonntagmorgen im Mai erhob sich Emanuel Quint von seiner Lagerstätte auf dem Boden des kleinen Hüttchens, das der Vater mit sehr geringem Recht sein eigen nannte.
Gerhart Hauptmann, “Der Narr in Christo Emanuel Quint”

Dem Ufer einer herrlich und verlassen prangenden, von Gebirgen überhöhten Insel im südlichen Teil des Stillen Weltmeers näherten sich eines Tages mehrere Boote, als die Sonne gerade im Mittag brütete.
Gerhart Hauptmann, “Die Insel der großen Mutter”

Paul Haake war bei dem schlesischen Bildhauer Toberentz angestellt und hatte, als der Meister starb, dessen von der Stadt Görlitz bestellten Monumentalbrunnen selbständig vollendet.
Gerhart Hauptmann, “Wanda”

Am Abend des 1. September suchte Annette ein kleines Restaurant in der Inneren Stadt auf.
Marlen Haushofer, “Die Tapetentür”

Heute, am fünften November, beginne ich meinen Bericht. Ich werde alles so genau aufschreiben, wie es mir möglich ist. Aber ich weiß nicht einmal, ob heute wirklich der fünfte November ist. Im Laufe des vergangenen Winters sind mir einige Tage abhanden gekommen.
Marlen Haushofer, “Die Wand”

Das kleine Mädchen, von den Großen Meta genannt, sitzt auf dem Grund des alten Regenfasses und schaut in den Himmel.
Marlen Haushofer, ”Himmel, der nirgendwo endet“

Womit kann man die Seele des Menschen vergleichen? Vielleicht mit einem Garten.
Manfred Hausmann, “Ontje Arps”

Freitag, 5. Juli 2013. Morgens. Da liegt ein Kleiderhaufen an den Gleisen. Hellblauer Stoff - vielleicht ein Hemd -, verknäuelt mit etwas schmutzig Weißem.
Paula Hawkins, “Girl on the Train”

Es ist etwas merkwürdig, daß mich trotz meiner Abneigung, am häuslichen Herd und im Kreise meiner Freunde allzuviel von mir und meinen Privatangelegenheiten zu sprechen, zweimal in meinem Leben eine autobiographische Regung ergriffen hat, als ich mich an die Öffentlichkeit wandte.
Nathaniel Hawthorne, “Der scharlachrote Buchstabe”

Ich wurde geboren, bevor diese Geschichte beginnt, bevor ich von einem Ort wie dem Arcade auch nur träumte; und auch daß es Männer wie Walter Geist außerhalb von Fabeln, von Märchenbüchern gab, hätte ich mir nicht vorstellen können.
Sheridan Hay, “Die Antiquarin”

Im Frühling des Jahres 1905 ging mir der Gedanke an eine neue Reise nach Tibet sehr im Kopfe herum. Drei Jahre waren seit meiner Rückkehr ins Vaterland verstrichen; mein Arbeitszimmer begann mir zu eng zu werden; ...
Swen Hedin, “Transhimalaya”

Ich war siebzehn, wir durften das Haus nicht verlassen wegen Ozonwarnung, Hitzefrei für Erwachsene, mir gefiel das immer, obwohl die Strahlung uns draußen nach fünf Minuten mit blauer haut und Tränen in den Augen in die Knie gezwungen hätte.
Helene Hegemann, “Bungalow“

Das gibt wieder endlose Diskussionen. Und am Ende werden wir doch hinfahren. Aber zuerst muss ich mir die ganze Litanei anhören, immer und immer -
Elke Heidenreich, Bernd Schroeder, “Alte Liebe”

Ich hatte das ganze Jahr hindurch gearbeitet wie eine Verrückte und fühlte mich kurz vor Weihnachten völlig leer, ausgebrannt und zerschlagen. Es war ein schreckliches Jahr gewesen, obwohl ich sehr viel Geld verdient hatte. Es war, als hätte ich zu leben vergessen.
Elke Heidenreich, Michael Sowa, “ERIKA oder Der verborgene Sinn des Lebens”

Der Fisch in dem Aquarium mir gegenüber wollte schon seit dem Mittag nicht mehr zur Ruhe kommen.
A.F.Th. van der Heijden, “Das Gefahrendreieck”

Er hätte besser daran getan, allein seinem Geruchs- und seinem Geschmackssinn zu trauen, und auch nur so weit, wie sie ihn seine eigene Verrottung reichen und schmecken ließen: Was sein Ohr auffing, war durch Angst bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, ...
A.F.Th. van der Heijden, “Der Anwalt der Hähne”

Wenn Europa, wie es heißt, das Kap Asiens ist, dann ist Holland Europas Fotze - ich sag's euch.
A.F.Th. van der Heijden, “Der Friedhof der Barmherzigkeit”

Ein Schuhfetischist war ich nie, weiß Gott nicht; ich habe nichts mit Schuhen, jedenfalls nicht mehr als die meisten Menschen, seit unsere Vorfahren beschlossen haben, daß der aufrechte Gang nicht nur eine vorübergehende Laune ist.
A.F.Th. van der Heijden, “Der Widerborst”

In diesem Frühjahr, mitten in der Nacht, sah ich, wie zwei Jungs, richtig Grünschnäbel noch, am Munttoren, dem Münzturm, versuchten, so etwas wie einen Marktstand aufzubauen.
A.F.Th. van der Heijden, “Die Schlacht um die Blaubrücke”

Der alter Mann trug eine dunkle Brille, aber er war nicht blind.
A.F.Th. van der Heijden, “Ein Tag, ein Leben”

Eine Katastrophe kommt selten allein. Am liebsten überfallen sie einen im Gruppenverband. Sie trommeln sich gegenseitig zusammen und kündigen einander an: Ein Unglück ist der Hiobsbote des nächsten. Über Nacht schießen sie alle gleichzeitig wie Pilze aus dem Boden, um schon am nächsten Morgen ihren Schirm leer zu schütteln. So hinterläßt jede Katastrophe ihre Spuren in Gestalt ganzer Serien neuer Katastrophen. Sie bilden eine einzige große Familie, weitverzweigt, aber mit festem Zusammenhalt: eine Mafia giftiger Schwämme... ein Hexenring, der sich wie eine Schlinge immer enger um einen zusammenzieht.
A.F.Th. van der Heijden, “Fallende Eltern”

Viel zu früh, noch bevor er seinen Rausch richtig ausgeschlafen hatte, wurde er wach - zweifellos vom Glockenspiel der Zuiderkerk, wo kurz nach zwölf die verpflasterten Finger eines Glockenspielers zehnmal so viele Glocken zum Klingen zu bringen schienen, wie es der automatische Schellenbaum zu anderen Stunden tat.
A.F.Th. van der Heijden, “Unterm Pflaster der Sumpf”

Noch am Morgen der Beerdigung war ich unschlüssig, ob ich hingehen sollte. Und da ich nicht wußte, wie ich mich bis zum Mittag entscheiden würde, nahm ich den Übergangsmantel aus dem Schrank.
Christoph Hein, “Der fremde Freund”

Sie schaute auf die Uhr, die neben dem Fernseher an der Wand stand. Es war ein alter Regulator, den sie von seinen Eltern vor Jahrzehnten zu ihrer Hochzeit geschenkt bekommen hatten, ein hoher hölzerner Kasten, in dem hinter einer Glasscheibe ein Pendel schwang.
Christoph Hein, “In seiner frühen Kindheit ein Garten”

Sie sind im Groll gegangen, Verehrtester, obgleich ich mich aufrichtig bemühte, Ihnen meine Beweggründe zu offenbaren.
Christoph Hein, “Das Napoleon Spiel”

Am Tage seiner Entlassung konnte Dallow seine Finger nicht bewegen.
Christoph Hein, “Der Tangospieler”

Drei Wochen zuvor hatte sich Paula bei ihm gemeldet, so erschien es ihm jedenfalls.
Christoph Hein, “Frau Paula Trousseau”

Erinnere dich. Ich versuche es. Du mußt dich erinnern. Es ist lange her. Jahre sind vergangen.
Christoph Hein, “Horns Ende”

Auf dem Podest am Ende der Freitreppe standen vier Männer und lächelten unbeirrt der Menschenmenge zu, die sich auf dem Marktplatz versammelt hatte.
Christoph Hein, “Landnahme”

An dem Tag, an dem ich mich von Tante Magdalena verabschieden mußte, traf ich Lucie vor dem Tor in der Molkengasse.
Christoph Hein, “Von allem Anfang an”

Er kauerte vor dem kleinen, gusseisernen Ofen und hielt ein Streichholz an das zusammengeknüllte Papier und die darüber geschichteten Holzspäne.
Christoph Hein, “Willenbrock”

Das kleine Flugzeug nach Basel startet verspätet, er wird fast zwei Stunden nach dem angekündigten Zeitpunkt bei Gotthardt ankommen.
Christoph Hein, “Weiskerns Nachlass”

Die jungen Birken schienen miteinander zu flüstern, ihre Blätter bewegten sich lebhaft, obwohl kein Wind zu spüren war.
Christoph Hein, “Glückskind mit Vater”

In diesen Roman geriet ich aus Versehen oder vielmehr durch eine Bequemlichkeit. Ich wollte mir eine längere Fahrt mit der S-Bahn ersparen, gleichzeitig die Chance nutzen, eine der Direktorinnen des Bundesarchivs Lichterfelde in einem kleinen Kreis ansprechen zu können, ohne in ihrem Archiv offiziell um einen Gesprächstermin zu bitten, eine Bitte, die man mir dort möglicherweise abschlagen würde.
Christoph Hein, “Trutz”

Friedeward Ringeling - und da waren sich selbst seine engsten Freunde einig - war ein Original, ein kostbares Relikt aus der Welt der Großmütter, der Kutschen und Hauskonzerte, einer Zeit, in der die Toilette nicht einen Abort bezeichnete, sondern Gegenstand des öffentlichen Interesses war und mal mehr, mal weniger Bewunderung hervorrief.
Christoph Hein, “Verwirrnis”

Es ist lange her und begann mit einer dummen Geschichte, mit einer sehr dummen Geschichte.
Christoph Hein, “Alles, was du brauchst - die 20 wichtigsten Dinge im Leben”

Die Farbe der Stadt, ihr Geschmack, ihr Geruch hatten sich verändert. Die Gleichgültigkeit der Bewohner füreinander war geblieben, die kühle Freundlichkeit untereinander, doch eine Unruhe, eine hektische, nervöse Anspannung hatte sich im Ort verbreitet.
Christoph Hein, “Guldenberg”

Ende August, am letzten Sonnabend des Monats, brachte Vater mich nach Berlin. Ich hatte einen Koffer und eine Schultasche mit meinen Sachen gepackt, neben ein Paar Wörterbüchern waren es hauptsächlich Kleidungsstücke, Hosen und Hemden, etwas Unterwäsche und die noch einigermaßen brauchbaren Socken.
Christoph Hein, “Unterm Staub der Zeit”

Der Brief in seiner Hand war wie üblich nicht für ihn.
Jakob Hein, “Herr Jensen steigt aus”

Im traurigen Monat November war's,
Die Tage wurden trüber,
Der Wind riß von den Bäumen das Laub,
Da reist ich nach Deutschland hinüber.
Heinrich Heine, “Deutschland. Ein Wintermärchen”

Es begann mit einer Leserzuschrift, die sich gegen die "schamlose Plakatierung" eines Lichtspieltheaters wandte und auf die damit verbundene sittliche Gefährdung der Jugend hinwies.
Willi Heinrich, “Maiglöckchen oder ähnlich”

Die Zeiger der Uhr über der Pendeltür des Kreißsaales im Landeskrankenhaus rutschten schon in den neuen Tag hinein, als er den Kopf aus dem Mutterschoß heraus und in die Kreißsaalluft gereckt hatte.
Heinz D. Heisl, “Abriss”

Die Rispen und Disteln standen und rührten sich kaum.
Annegret Held, “Die Baumfresserin”

Das Haus stand am Ende der Straße, der Garten verband sich ohne Zaun mit dem Garten. Sie zögerten den Kauf hinaus, als entschieden sie über ihr Schicksal.
Monika Held, “Der Schrecken verliert sich vor Ort”

Hier, nimm die Stifte, male ein kleines Haus, einen Bach ein Stück unterhalb des Hauses, einen Brunnen, aber male keine Sonne, das Haus liegt nämlich im Schatten!
Monika Helfer, “Die Bagage”

Wir sagten Vati. Er wollte es so. Er meinte, es klinge modern.
Monika Helfer, “Vati”

So war mein Bruder Richard: Er dachte beim Gehen ans Liegen, beim Sitzen ans Liegen, beim Stehen ans Liegen, sogar beim Fliegen dachte er ans Liegen. Dachte immer ans Liegen.
Monika Helfer, “Löwenherz”

Meine Mutter hat mich Tomislav genannt, und mein Vater war ein Bokšić. Nach der ersten Woche in Amerika nannten mich alle nur noch Tom Boksic. Es war bloß eine Frage der Zeit, bis daraus Toxic wurde.
Hallgrímur Helgason, “Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen”

Über allem der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin. Grönland ist grau. Wie viel Orangensaft passt wohl in einen Airbus A 310? Die Anziehungskraft der Flugbegleiterinnen muss mit der Erdferne zusammenhängen, in der sie bedienen. Mit der verdrängten Todesnähe. Luft und Lachen aus Plastik.
Heinz Helle, “Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin”

Es war Liebe auf den ersten Blick. Als Yossarián den Kapitän zum ersten Mal sah, verliebte er sich auf der Stelle in ihn.
Joseph Heller, “Catch 22”

Wenn Leute in unserem Alter von Krieg reden, ist nicht Vietnam gemeint, da geht's um den, der vor über einem halben Jahrhundert ausgebrochen ist und fast die ganze Welt erfaßt hat.
Joseph Heller, “Endzeit”

Schubert hatte sich seine erste Leiche aufregender vorgestellt. Schlecht war ihm trotzdem. Riechle, sein Kollege, hatte es bemerkt und ihn rausgeschickt, als der Arzt eintraf.
Edda Helmke, ”Pepsi im Waschsalon”

Er war ein alter Mann, der allein in einem kleinen Boot im Golfstrom fischte, und er war jetzt vierundachtzig Tage hintereinander hinausgefahren, ohne einen Fisch zu fangen.
Ernest Hemingway, “Der alte Mann und das Meer”

Sie lebten damals in Le Grau du Roi, ihr Hotel lag an einem Kanal, der sich von der befestigten Stadt Aigues Mortes zum Meer hinzog.
Ernest Hemingway, “Der Garten Eden”

Robert Cohn war in Princeton Mittelgewichtsmeister im Boxen gewesen.
Ernest Hemingway, “Fiesta”

Es war jetzt Mittag, und sie saßen unter dem grünen Vordach des Esszelts und taten, als sei nichts passiert.
Ernest Hemingway, “Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber”

Zwei Stunden vor Tageslicht brachen sie auf, und anfangs brauchten sie das Eis auf der Fahrrinne nicht aufzubrechen, da schon andere Boote ihnen vorausgefahren waren.
Ernest Hemingway, “Über den Fluß und in die Wälder”

Zeit und Ort sind die einzigen Dinge, deren ich mir sicher bin: 2. März 1908, Chicago. Alles andere liegt im Dunst der Geschichte und des Schmerzes, und jetzt stürze ich mich kopfüber hinein.
Aleksandar Hemon, “Lazarus”

Es heißt, Bücher finden ihre Leser - aber manchmal brauchen sie jemanden, der ihnen den Weg weist.
Carsten Henn, “Der Buchspazierer”

Mann. Ich bin ein Rockstar.
Alexa Henning von Lange, “Relax”

Es wurde wieder Sommer. Wie jeden Morgen stieg Eleni den Hügel vom Stadtzentrum zum Hotel Dionysos hinauf, während die Sonne gerade am Horizont auftauchte.
Bertina Heinrichs, “Die Schachspielerin”

Zwei Euro pro Seite, hatte Herr Roch gesagt. Zwei Euro pro Seite würde er ihr bezahlen. Es ginge darum, ein Manuskript abzutippen. Ein Manuskript, an dem ihm gelegen sei.
Peter Henisch, “Der Jahrhundertroman”

Der Minutenzeiger hängt fest.
Gregor Hens, “Matta verläßt seine Kinder”

Indem ich mit der Niederschrift all der Vorgänge beginne, die in diesem Roman beschrieben werden, befinde ich mich in einer gewissen Verlegenheit.
Eckhard Henscheid, “Trilogie des laufenden Schwachsinns, Band 1: Die Vollidioten”

So. D. h. der erste Teil dieser Romanhandlung hat eigentlich nichts mit dem zweiten und dritten im Sinn, aber irgendwie werde ich, der ich mich immer auf meine Ahnungen verlassen habe und nicht schlecht dabei gefahren bin ...
Eckhard Henscheid, “Trilogie des laufenden Schwachsinns, Band 2: Geht in Ordnung - sowieso -- genau ---”

Es ist ja nun wirklich die große Frage, ob der Sinn des Lebens, das Glück dieser Erde eher in der Betrachtung und in der Besitznahme einer nackten Frau besteht oder vielmehr in der jahrelangen und zähen Beobachtung zweier älterer Brüder, noch dazu fremder.
Eckhard Henscheid, “Trilogie des laufenden Schwachsinns, Band 3: Die Mätresse des Bischofs”

Ingeborg Lüttjes an ihren Vater Gepke Lüttjes
Moorwarfen, den 21.2.1940
Lieber Vati!
Wir haben heute wieder einen Brief von Dir bekommen. Mutti hat Montag morgens einen Brief abgeschickt, und aus Deinem wissen wir, daß Du ihn noch gar nicht hast.

Gerhard Henschel, “Die Liebenden”

Vom Mozarteum her wehen Klavierklänge über den Mirabellgarten. Stein legt den Kopf in den Nacken und blinzelt hinauf zur blassblauen Himmelsseide.
Wolfgang Herles, “Die Dirigentin”

Am selben Tag, an dem Hans Achberg zum ersten Mal mit Klara Salzheber schlafen wird, verliert er sich in die schwarze Lady.
Wolfgang Herles, “Susanna im Bade”

Der Sommer in Witebsk ging zur Neige. Nachmittags schien die Sonne noch eine Weile auf die Pflastersteine des Gefängnishofes und ging später hinter der roten Mauer des benachbarten Häuserblocks unter.
Gustaw Herling, “Welt ohne Erbarmen”

Es kann sich wohl kaum noch einer erinnern, wie damals Jetchen Gebert die Königstraße entlang ging.
Georg Hermann, “Jettchen Gebert”

Mein erster und einziger Besuch bei einem Therapeuten kostete mich das rote Korallenarmband und meinen Geliebten. (aus “Rote Korallen”)
Judith Hermann, “Sommerhaus, später”

Es ist so - Stella und Jason begegnen sich in einem Flugzeug. Eine kleine Propellermaschine, kein weiter Flug. Stella kommt von Claras Hochzeit
Judith Hermann, “Aller Liebe Anfang”.

Damals, in diesem Sommer vor fast dreißig Jahren, wohnte ich im Westen und weit weg vom Wasser. Ich hatte eine Einraumwohnung im Neubaugebiet einer mittleren Stadt und Arbeit in der Zigarettenfabrik.
Judith Hermann, “Daheim”

Vor einiger Zeit bin ich mitten in der Nacht auf der Berliner Kastanienallee in einem sogenannten Spätkauf zufällig und unverhofft meinem Psychoanalytiker begegnet - zwei Jahre nach dem Ende der Psychoanalyse und zum allerersten Mal außerhalb des Raumes, in dem ich jahrelang auf seiner Couch gelegen hatte.
Judith Hermann, “Wir hätten uns alles gesagt”

... Tagelang trieb er auf seinem Floß umher, ohne etwas zu trinken. Er war schon fast verdurstet, denn das Wasser des Ozeans war salzig. Er haßte das Wasser, das er nicht trinken konnte.
Frederik Willem Hermans, ”Die Dunkelkammer des Damokles”

Auf der Lehmziegelmauer stand ein Mann mit nacktem Oberkörper und seitlich ausgestreckten Armen, wie gekreuzigt.
Wolfgang Herrndorf, “Sand”

Als Erstes ist da der Geruch von Blut und Kaffee. Die Kaffeemaschine steht drüben auf dem Tisch, und das Blut ist in meinen Schuhen.
Wolfgang Herrndorf, “Tschick”

Es ist unsere Absicht, in diesem Buch das Wenige festzuhalten, was wir an biologischem Material über Josef Knecht aufzufinden vermochten, den Ludi Magister Josephus III., wie er in den Archiven des Glasperlenspiels genannt wird. Wir sind nicht blind gegen die Tatsache, daß dieser Versuch einigermaßen im Widerspruch zu den herrschenden Gesetzen und Bräuchen des geistigen Lebens steht oder zu stehen scheint.
Hermann Hesse, “Das Glasperlenspiel”

Um meine Geschichte zu erzählen, muß ich weit vorn anfangen.
Hermann Hesse, “Demian”

Dichtungen können auf manche Arten verstanden und mißverstanden werden.
Hermann Hesse, “Der Steppenwolf”

Da es mir beschieden war, etwas Großes mitzuerleben, da ich das Glück gehabt habe, dem  "Bunde" anzugehören und einer der Teilnehmer jener einzigartigen Reise sein zu dürfen, deren Wunder damals wie ein Meteor aufstrahlte und die nachher so wunderlich rasch in Vergessenheit, ja in Verruf geriet, habe ich mich entschlossen, den Versuch einer Beschreibung dieser unerhörten Reise zu wagen.
Hermann Hesse, “Die Morgenlandfahrt”

So begann der alte Geschichtenerzähler Cecco eines Abends am Kai:
Hermann Hesse, “Iris”

Vor dem von Doppelsäulchen getragenen Rundbogen des Klostereingangs von Mariabronn, dicht am Wege, stand ein Kastanienbaum, ein vereinzelter Sohn des Südens, von einem Rompilger vor Zeiten mitgebracht, eine Edelkastanie mit starkem Stamm; zärtlich hing ihre runde Krone über den Weg, atmete breitbrüstig im Winde, ließ im Frühling, wenn alles ringsum schön grün war und selbst die Klosternußbäume schon ihr rötliches Junglaub trugen, noch lange auf ihre Blätter warten, trieb dann um die Zeit der kürzesten Nächte aus den Blattbüscheln die matten, weißgrünen Strahlen ihrer fremdartigen Blüten empor, die so mahnend und beklemmend herbkräftig rochen, und ließ im Oktober, wenn Obst und Wein schon geerntet war, aus der gilbenden Krone im Herbstwind die stacheligen Früchte fallen, die nicht in jedem Jahr reif wurden, um welche die Klosterbuben sich balgten und die der aus dem Welschland stammende Subprior Gregor in seiner Stube im Kaminfeuer briet.
Hermann Hesse, “Narziß und Goldmund”

Am Anfang war der Mythos. Wie der große Gott in den Seelen der Inder, Griechen und Germanen dichtete und nach Ausdruck rang, so dichtete er in jedes Kindes Seele täglich wieder.
Hermann Hesse, “Peter Camenzind”

Im Schatten des Hauses, in der Sonne des Flußufers bei den Booten, im Schatten des Salwaldes, im Schatten des Feigenbaumes wuchs Siddhartha auf, der schöne Sohn des Brahmanen, der junge Falke, zusammen mit Govinda, seinem Freunde, dem Brahmanensohn.
Hermann Hesse, “Siddhartha”

Als vor zehn Jahren Johann Veraguth Roßhalde gekauft und bezogen hatte, war sie ein verwahrloster alter Herrensitz mit zugewachsenen Gartenwegen, vermoosten Bänken, brüchigen Treppenstufen und undurchdringlich verwilderten Park gewesen ...
Hermann Hesse, “Roßhalde”

Herr Joseph Giebenrath, Zwischenhändler und Agent, zeichnete sich durch keinerlei Vorzüge oder Eigenheiten vor seinen Mitbürgern aus.
Hermann Hesse, “Unterm Rad”

Den letzten Sommer seines Lebens brachte der Maler Klingsor, im Alter von zweiundvierzig Jahren, in jenen südlichen Gegenden in der Nähe von Pampambio, Kareno und Laguno hin, die er schon in früheren Jahren geliebt und oft besucht hatte.
Hermann Hesse, “Klingsors letzter Sommer”

Sie lachte wie über etwas, dass sie gerade entdeckt hatte, und sah sich nach ihm um.
Thomas Hettche, “Der Fall Arbogast”

Wiederbelebungsversuch. Coney Island 1940. Einer, beim Baden verunglückt, liegt am Strand ...
Thomas Hettche, “Ludwig muß sterben”

Ich sah in ihrer Hand das Messer nicht. Sie hatte es vor kurzem erst gekauft.
Thomas Hettche, “Nox”

Sie waren zu spät. Hatten keine Ahnung, wie lange die Taxifahrt vom Hotel hinunter in die 29. Straße dauern würde.
Thomas Hettche, “Woraus wir gemacht sind”

Annika heißt Annika nach der Freundin von Pippi Langstrumpf, und immer, wenn ich daran denken muß, ärgert mich wieder, das damals nicht verhindert zu haben.
Thomas Hettche, “Die Liebe der Väter”

Die junge Königin stand einen Moment lang einfach da und wartete, daß ihre Augen sich an das Halbdunkel des Waldes gewöhnten.
Thomas Hettche, “Pfaueninsel”

Das Mädchen riss sich von der Hand seines Vaters los und lief weg. Auf keinen Fall sollte er es weinen sehen, verstand es doch selbst nicht, weshalb es plötzlich so furchtbar traurig war, dass ihm die Tränen in die Augen schossen.
Thomas Hettche, “Herzfaden“

Wie der Wind losbrach und an mir zerrte, als ich aus dem Auto stieg. Wütend fuhr er mir ins Gesicht, dass mir die Luft wegblieb, beißend kalt tobte er um mich her wie eine Hundemeute, die etwas bewachte, von dem ich nicht wusste, was es war.
Thomas Hettche, “Sinkende Sterne”

Sonnabend, 13. Juni 1953, 14.00 Uhr. Sagte Banggartz: "Entweder du hälst dich an die Parteibeschlüsse, Genosse Witte, oder du ziehst die Konsequenzen. So einfach ist das."
Stefan Heym, “5 Tage im Juni”

Wie jeden Morgen verließ Ishigami um 7 Uhr 35 das Haus. Es war bereits März, aber es wehte noch ein kalter Wind, und so zog er sich den Schal über das Kinn.
Keigo Higashino, “Verdächtige Geliebte”

Die alten Römer waren davon überzeugt, daß die Seelen der Toten stets in der Nähe ihrer Gräber verweilen.
Jack Higgins, “Nacht der Füchse”

In störrischem, unregelmäßigem Rhythmus jagte der Zug dahin. Er mußte häufiger an kleineren Bahnhöfen halten, wo er ungeduldig wartete, bevor er sich wieder in die Prärie fraß, aber von einem Vorankommen war kaum etwas zu merken.
Patricia Highsmith, “Zwei Fremde im Zug”

Tom schlich auf dem Parkettboden so leise wie möglich vorwärts, schob sich über die Schwelle des Badezimmers, hielt an und horchte.
Patricia Highsmith, “Der Junge, der Ripley folgte”

Das Büro schloß um fünf, aber Robert blieb noch fast eine ganze Stunde länger an seinem Zeichentisch sitzen.
Patricia Highsmith, “Der Schrei der Eule”

Tom blickte zurück; er sah den Mann aus dem Green Cage treten und eilig ausschreiten.
Patricia Highsmith, “Der talentierte Mr. Ripley”

Edith hatte ihr Tagebuch noch nicht eingepackt, hauptsächlich weil sie nicht recht wußte, wohin sie es stecken sollte.
Patricia Highsmith, “Edith's Tagebuch”

Tom war im Garten, als das Telefon klingelte
Patricia Highsmith, “Ripley Under Ground”

Tom stand mit einer fast vollen Tasse Espresso in der Hand bei Georges und Marie in der Bar-Tabac.
Patricia Highsmith, “Ripley Under Water”

"Es gibt keinen perfekten Mord", sagte Tom abschließend zu Reeves.
Patricia Highsmith, “Ripley's Game”

Coleman sagte: "Sie war mein einziges Kind. Aber nicht Ihre einzige Frau. Nur Ihre letzte."
Patricia Highsmith, “Venedig kann sehr kalt sein”

Jetzt bewege ich mich wieder um meine kalten Ecken.
Wolfgang Hilbig, "Ich"

Ich liege im Bett, in meinem Winterbett.
Wolfgang Hildesheimer, “Tynset”

Mir fällt nichts mehr ein.
Wolfgang Hildesheimer, “Vergebliche Aufzeichnungen”

Ignatius Martin Perrish hatte die ganze Nacht lang gesoffen und fürchterliche Dinge getan. Am nächsten Morgen erwachte er mit Kopfschmerzen und fasste sich an die Schläfen.
Joe Hill, “Teufelszeug”

Eigentlich heiße ich Joseph Leschinsky, aber da manche Leute Leschinsky zu lang fanden, nannte man mich Lesche.
Edgar Hilsenrath, “Berlin ... Endstation”

Ich bin der Märchenerzähler in deinem Kopf. Nenne mich Meddah.
Edgar Hilsenrath, “Das Märchen vom letzten Gedanken”

"Ich bin Max Schulz, unehelicher, wenn auch rein arischer Sohn der Minna Schulz ... zur Zeit meiner Geburt Dienstmädchen im Hause des jüdischen Pelzhändlers Abramowitz."
Edgar Hilsenrath, “Der Nazi & der Friseur”

20. März 1944. Die Russen sind da.
Edgar Hilsenrath, “Die Abenteuer des Ruben Jablonski”

Eilbrief. An den amerikanischen Generalkonsul, Clausewitzstraße 3b, Berlin. ...
Edgar Hilsenrath, “Fuck America”

Es hatte die ganze Nacht geschneit, aber am frühen Morgen, als die Schtetljuden mit ihren Bündeln und Koffern zum Bahnhof gingen, lockerten sich die Wolken auf, und über dem Bahnhof öffnete sich ein Stückchen blaßblauer Himmel.
Edgar Hilsenrath, “Jossel Wassermanns Heimkehr”

Nino Pepperoni, Boß der amerikanischen Mafia, Amerikaner sizilianischer Herkunft, capo die capi oder Boß der Bosse, tritt an seinem 65. Geburtstag in den Ruhestand.
Edgar Hilsenrath, “Moskauer Orgasmus”

Der Mann war leise eingetreten ... so leise, als hätte er Angst, die Toten zu wecken. Im Zimmer herrschte Halbdunkel. Allmählich gewöhnten sich seine Augen daran, und die Umrisse der langen Schlafpritschen wurden deutlicher.
Edgar Hilsenrath, “Nacht”

Ich bin am 2. April 1926 in Leipzig geboren, in einem jüdischen Elternhaus.
Edgar Hilsenrath, “Sie trommelten mit den Fäusten den Takt”

"Wie heißt ein Mensch, der noch Fragen stellt?" "Zibulsky"
Edgar Hilsenrath, “Zibulsky oder Antenne im Bauch”

Das Kind schiebt den Zeigefinger langsam über den Rand der Tasse, bis die Fingerkuppe die gekräuselte Oberfläche berührt.
Paulus Hochgatterer, “Die Süße des Lebens”

Manchmal frage er sich, ob in den allerletzten Augenblicken sein Leben tatsächlich vor ihm ablaufen würde wie ein innerer Film.
Paulus Hochgatterer, “Über Raben”

Der Wind ist da. Die Pelikane schnellen hoch wie an Gummibändern, blöken auf, stoßen mit angewinkelten Schwingen steil nach unten und durchschlagen die Wasseroberfläche.
Paulus Hochgatterer, “Das Matratzenhaus”

Alle sehen ihn. Er läuft schräg über die Wiese, dann den Feldweg entlang. Er stolpert, fällt hin, richtet sich wieder auf. Die Sonne liegt auf ihm, und sein Haar strahlt weiß.
Paulus Hochgatterer, “Fliege fort, fliege fort”

Der APOSTOLISCHE NUNTIUS, EXZELLENZ CESARE ORSENICO, steht 1942 im 69. Lebensjahr.
Rolf Hochhuth, “Der Stellvertreter”

Wir stiegen fünf Etagen dem Licht entgegen, verteilten uns in dreizehn Reihen und wandten uns dem Gott zu, der das Tor des Morgens aufschließt.
Peter Høeg, ”Der Plan von der Abschaffung des Dunkels”

Ein Affe näherte sich London. Er saß auf einer Bank im offenen Cockpit eines Segelbootes, auf der Leeseite, zusammengesunken, mit geschlossenen Augen und in eine Wolldecke gewickelt, und selbst in dieser Haltung ließ er den Mann ihm gegenüber kleiner erscheinen, als er war.
Peter Høeg, ”Die Frau und der Affe”

Es friert, außerordentliche 18 Grad Celsius, und es schneit. In der Sprache, die nicht mehr meine ist, hießt der Schnee 'qanik', er schichtet sich zu Stapeln, fällt in großen, fast schwerelosen Kristallen und bedeckt die Erde mit einer Schicht aus pulverisiertem, weißen Frost.
Peter Høeg, ”Fräulein Smillas Gespür für Schnee”

Ich habe eine Tür aus dem Gefängnis gefunden, die sich zur Freiheit öffnet, ich schreibe dies, um dir die Tür zu zeigen.
Peter Høeg, ”Die Kinder der Elefantenhüter”

Wer sich für den Ehrenwohnsitz der Carlsberg-Stiftung in Valby interessiert, 850 Quadratmeter, voll unterkellert, mit Park, mietfrei und auf Lebenszeit, tut gut daran, sich beizeiten den Nobelpreis für Physik zu besorgen.
Peter Høeg, ”Der Susan-Effekt”

Erstmals hörte ich von der Klinik, als ich Simon, meinen Pflegebruder, nach seinem ersten Selbstmordversuch im Krankenhaus von Nykøbing auf Seeland besuchte.
Peter Høeg, ”Durch deine Augen”

Angenommen, wir wären dem gnadenlos schönen Wetter eines Julinachmittags, an dem die ganze Stadt nach den Biergärten und Badeanstalten tobt, in ein fast ausgestorbenes Kino entflohen.
Andreas Höfele, “Der Spitzel”

In der Straße St. Honoré war das kleine Haus gelegen, welches Magdaleine von Scuderie, bekannt durch ihre anmutigen Verse, durch die Gunst Ludwigs des XIV. und der Maintenon bewohnte.
E.T.A. Hoffman, ”Das Fräulein von Scuderie“

Am Himmelfahrtstage, nachmittags um drei Uhr, rannte ein junger Mensch in Dresden durchs schwarze Tor und geradezu in einen Korb mit Äpfeln und Kuchen hinein, die ein altes hässliches Weib feilbot, sodass alles, was der Quetschung glücklich entgangen, hinausgeschleudert wurde und die Straßenjungen sich lustig die Beute teilten, die ihnen der hastige Herr zugeworfen.
E.T. A. Hoffmann, ”Der goldene Topf“

Nie hat mir meine Mutter gesagt, in welchen Verhältnissen mein Vater lebte; ...
E.T.A. Hoffmann, “Die Elixiere des Teufels”

Doge und Dogaresse. Mit diesem Namen war in dem Katalog der Kunstwerke, die die Akademie der Künste zu Berlin im September 1816 ausstellte, ein Bild bezeichnet, das der wackre, tüchtige C. Kolbe, Mitglied der Akademie, gemalt hatte und das mit besonderem Zauber jeden anzog, sodass der Platz davor selten leer blieb.
E.T.A. Hoffmann, ”Doge und Dogaresse“

Es war einmal – welcher Autor darf es jetzt wohl noch wagen, sein Geschichtlein also zu beginnen. - „Veraltet! - Langweilig!“ - so ruft der geneigte oder vielmehr ungeneigte Leser, der nach des alten römischen Dichters weisen Rat gleich medias in res versetzt sein will. Es wird ihm dabei zumute, als nehme irgendein weitschweifiger Schwätzer von Gast, der eben eingetreten, breiten Platz und räuspre sich aus, um seinen endlosen Sermon zu beginnen, und er klappt unwillig das Buch zu, das er kaum aufgeschlagen.
E.T.A. Hoffmann, “Meister Floh”

Der Friederich, der Friederich, das war ein arger Wüterich.
Heinrich Hoffmann, ”Der Struwwelpeter”

Wie immer war Cloe Larson in fürchterlicher Hetze.
Jilliane Hoffmann, “Cupido”

Letzten Herbst, auf unserer Reise durch Sizilien, auf der wir einander wieder bis aufs Blut gepeinigt haben, dazu mit ihrem alten Wagen, der hinter Canicatti nur noch im ersten Gang gefahren, nein, gekrochen ist, um schließlich um die Mittagszeit, als wir, was ein Fehler war, auf der Suche nach einer Werkstatt die autostrada verlassen haben und, auf immer abseitigeren Nebenwegen, immer tiefer ins ausgebrannte und unwegsame Landesinnere, in die Zona morta  hineingeraten sind, vor den zerbröckelnden Mauern von Dikaiarchaeia endgültig stehen zu bleiben.
Gert Hofmann, “Auf dem Turm”

Als der Vater ans Packen ging, war es schon lange hell.
Gert Hofmann, “Das Glück”

Mein Großvater Karl Hofmann (1873-1944) arbeitete lange im Apollo-Kino in der Helenenstraße in Limbach/Sachsen.
Gert Hofmann, “Der Kinoerzähler”

Gleich nach meiner Ankunft, gestern, Mittwoch, ein schrecklicher Tag, wie mir augenblicklich klar ist, schreibt der neue Lektor, als er sich in dem leeren Abteil umgeschaut und sich in eine Fensterecke gesetzt und die Vorhänge schnell zugezogen, die Mappe schnell aufgemacht ... Und schreibt Und habe wahrscheinlich gerufen: „So kommen Sie doch, ich habe ja die Koffer.“
Gert Hofmann, “Die Fistelstimme”

Einmal vor vielen, vielen Jahren, stieg der Professor Lichtenberg in seinen Rederock und wollte mal vors Haus.
Gert Hofmann, “Die kleine Stechardin”

Nach monate-, nein jahrelanger Schinderei - meinen Aufzeichnungen nach hat die Schinderei insgesamt vier Jahre, fünf Monate, zwei Wochen und vier Tage gedauert - ist es mir vorgestern gelungen, meinen Roman UNSERE VERGESSLICHKEIT abzuschließen.
Gert Hofmann, “Unsere Vergesslichkeit”

Unser Philosoph ist plötzlich gestorben, unser Leichenwagen hat ihn abgeholt.
Gert Hofmann, “Veilchenfeld”

Kommt doch, ich warte ja auf euch, hier auf der Veranda, ruft uns am 18. November 1968, nachmittags gegen drei unser in Südamerika lange verschollen geglaubter Onkel zu, falls er es wirklich ist.
Gert Hofmann, “Vor der Regenzeit”

Der Engel brannte.
Wolfgang und Heike Hohlbein, “Krieg der Engel”

Als die siebenjährige Katharina Disch mit ihrem vierjährigen Bruder Kaspar am Freitag, dem 9. September 1881 das Haus ihrer Großmutter betrat, wußte sie nicht, dass sie erst wieder bei ihrer Hochzeit von hier weggehen würde.
Franz Hohler, “Die Steinflut”

Seit einer Stunde lag er im Bett und konnte nicht einschlafen.
Franz Hohler, “Es klopft”

"Darf ich Ihnen den Koffer tragen?"
Franz Hohler, “Gleis 4”

Warum er den Hörer abgenommen hatte, konnte er sich später nicht mehr erklären.
Franz Hohler, “Das Päckchen”

Ich verspräche gerne diesem Buche die Liebe der Deutschen. Aber ich fürchte, die einen werden es lesen, wie ein Kompendium, und um das fabula docet sich zu sehr bekümmern, indes die andern gar zu leicht es nehmen, und beide Teile verstehen es nicht.
Wer bloß an meiner Pflanze riecht, der kennt sie nicht, und wer sie pflückt, bloß, um daran zu lernen, kennt sie auch nicht.
Die Auflösung der Dissonanzen in einem gewissen Charakter ist weder für das bloße Nachdenken, noch für die leere Lust. (Hyperion, Vorrede)

Der liebe Vaterlandsboden gibt mir wieder Freude und Leid.
Ich bin jetzt alle Morgen auf den Höhn des Korinthischen Isthmus, und, wie die Biene unter Blumen, fliegt meine Seele oft hin und her zwischen den Meeren, die zur Rechten und zur Linken meinen glühenden Bergen die Füße kühlen.
Besonders der Eine der beiden Meerbusen hätte mich freuen sollen, wär ich ein Jahrtausend früher hier gestanden.
Friedrich Hölderlin, “Hyperion, erstes Buch”

Träume ich? Sitze ich hier wirklich in der Sonntagsschule und rolle mit scheinheiliger Miene spuckeverkleisterte Löschpapierkugeln?
Michael Holzach, “Das vergessene Volk”

Lange bevor der Wecker schrillt, bin ich wach. Die Sachen liegen gepackt vor dem Fenster.
Michael Holzach, “Deutschland umsonst”

„Singe den Groll, o Göttin, des Peleiaden Achilleus, ...“
Homer, “Illias”

„Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes ...“
Homer, “Odyssee”

Eines Tages unternahm der Meergott Poseidon eine Reise zu den sanftmütigen Äthiopen, die fern am Rande an den Gestaden des Ozeans wohnen und sich von dort in zwei Richtungen - nach Osten und nach Westen - ausbreiten.
Homer / Karl Ferdinand Lempp, “Die Odyssee, in Prosa übertragen von Karl Ferdinand Lempp”

Er steht an der Scheibe und schaut hinaus.
A. M. Homes, “Diese Buch wird Ihr Leben retten”

Es begann mit einem Brief, den er mir schrieb, abgeschickt in jenem April an die Adresse der Immobilienagentur meines Onkels.
Chloe Hooper, “Die Verlobung”

Sicher ist nur: Es gab eine Zeit, da gehörten alle Schätze der Welt einer Frau. Bis sie sich, ihrer überdrüssig, eines Tages auf und davon machten, sich an verschieden Orten versteckten und die Zauberer aller Länder bezahlten, um verzaubert und nicht gefunden zu werden.
Felicitas Hoppe, “Die Nibelungen”

Beispielsweise habe ich „es“ dir nie offiziell gesagt. Ich kam einfach mal geschminkt zum Kaffee, mit einer Schachtel Lindt & Sprüngli (der mittelgroßen, nicht der kleinen wie üblich), oder dann später in einem Rock zum Weihnachtsessen. Ich wusste oder nahm an, dass Mutter es dir gesagt hatte.
Kim de l’Horizon, “Blutbuch”

"Und, habt ihr euch getrennt?" "Machst du Witze?" Die Leute glaubten oft, Marcus mache Witze, obwohl das nicht der Fall war.
Nick Hornby, “About a Boy”

Es steckt immer in mir drin, sucht einen Weg nach draußen.
Nick Hornby, “Ballfieber”

Die ewigen Top Five meiner unvergesslichsten Trennungen für die einsame Insel in chronologischer Reihenfolge: 1. Alison Ashworth 2. Penny Hardwick 3. Jackie Allen 4. Charlie Nicholson 5. Sarah Kendrew.
Nick Hornby, “High Fidelity”

Kräftige Regenschauer peitschten gegen das Fenster. Das Wasser lief an den Scheiben herab und tropfte vom Dachvorsprung auf die Tische draußen.
Jørn Lier Horst

25. März. Auf meinem Tische stehen Blumen. Lieblich. Ein Geschenk meiner braven Hausfrau, denn heute ist mein Geburtstag.
Ödön von Horváth, “Jugend ohne Gott”

Es war sehr still. Ich ging über einen menschenleeren Platz, der von Arkadengängen umgeben war.
Rafael Horzon, “Das weiße Buch”

Am Freitagabend war ich bei einem Arbeitskollegen eingeladen. Ungefähr dreißig Leute, alles mittlere Führungskräfte, fünfundzwanzig bis vierzig Jahre alt. Irgendwann begann plötzlich so eine kleine Verrückte sich auszuziehen.
Michel Houellebecq, “Ausweitung der Kampfzone”

Der erste Juli 1998 fiel auf einen Mittwoch. Daher war es durchaus logisch, wenn auch ungewöhnlich, daß Djerzinski seine Abschiedsfeier an einem Dienstagabend veranstaltete.
Michel Houellebecq, “Elementarteilchen”

Mein Vater ist vor einem Jahr gestorben. Ich glaube nicht an die Theorie, wonach man beim Tod seiner Eltern richtig erwachsen wird; man wird nie richtig erwachsen.
Michel Houellebecq, “Plattform”

Meine gegenwärtige Inkarnation verschlechtert sich; ich glaube nicht, daß sie noch lange währt. Ich weiß, daß ich bei meiner nächsten Inkarnation meinen Gefährten wiederfinde, den kleinen Hund Fox.
Michel Houellebecq, “Die Möglichkeit einer Insel”

Am 14. Dezember 1999 wurde mir mitten am Nachmittag auf einmal klar, dass mein Weihnachtsfest wahrscheinlich ein Reinfall sein würde - wie üblich.
Michel Houellebecq, “Lanzarote”

Jeff Koons hatte sich gerade von seinem Sitz erhoben und voller Begeisterung die Arme ausgestreckt.
Michel Houellebecq, “Karte und Gebiet”

In all den Jahren meiner traurigen Jugend war Huysmans mein Gefährte, mein treuer Freund.
Michel Houellebecq, “Unterwerfung”

Es ist eine kleine weiße, ovale, teilbare Tablette.
Michel Houellebecq, “Serotonin”

An manchen Montagen Ende November oder Anfang Dezember fühlt man sich, besonders als Alleinstehender, wie im Todestrakt. Die Sommerferien sind längst vorbei, das neue Jahr ist noch weit weg; das Nichts ist ungewöhnlich nah.
Michel Houellebecq, “Vernichten”

Passen Sie auf, was ich Ihnen jetzt erzählen werde: Als ich ins Hotel Goldenes Prag kam, nahm mich der Chef am linken Ohr und zog daran und sagte: "Du bist hier der Pikkolo, merk dir das. Du hast nichts gesehen, nichts gehört. Sprich's mir nach."
Bohumil Hrabal, “Ich habe den englischen König bedient”

Heute vor dreihundertundvierzig Jahren, sechs Monaten und neunzehn Tagen begab es sich, daß die Pariser durch das Tönen aller Glocken erwachten, die in der alten Lutetia, der Neustadt, und in der Universitätsstadt gewaltig läuteten.
Victor Hugo, “Der Glöckner von Notre Dame”

Im Jahre 1815  war Herr Charles-François-Bienvenu Myriel Bischof von Digne. Er war ein Greis von etwa fünfundsiebzig und hatte den Bischofsstuhl von Digne seit 1806 inne.
Victor Hugo, “Die Elenden”

Foppt uns dieses Gesicht? Lügt das Bildnis? Mein erster Eindruck: eine ehrliche Haut.
Klaas Huizing, “Der Buchtrinker”

Der Bundespräsident saß hinter dem Pult im Ledersessel. Er war am Ende. Er hatte keine Kraft mehr.
Thomas Hürlimann, “Der große Kater”

Mein Onkel war Stiftsbibliothekar und Prälat, seine Hüte hatten eine breite, runde Krempe, und gedachte er die Blätter einer tausendjährigen Bibel zu berühren, zog er Handschuhe an, schwarz wie die Dessous meiner Mama.
Thomas Hürlimann, “Fräulein Stark”

... hoch oben ein Punkt, ein Blinken, ein Zwinkern, ein Stern, ein Satellit oder ein Flugzeug ... Der Wagen liegt auf der Fahrerseite. Ein Vorderrad dreht sich noch, ein paar Schneeflocken zu einer dünnen Flamme aufwirbelnd.
Thomas Hürlimann, “Heimkehr”

Ich wandelte als ein Fremder unter ihnen. Kein Wort, kein Blick erreichte mich mehr, aber auf einmal sprachen die Dinge zu mir, etwa die alte Gießkanne. Oder die Hollywoodschaukel. Oder auf dem Gartentisch ein leeres Glas, in dem eine Wespe surrte.
Thomas Hürlimann, “Der rote Diamant”

Hinter ihm fällt die Glastür zu. Der junge Mann tritt auf die regennasse Straße, und seine Hand, als könne sie es nicht glauben, legt sich an die Brust, tastet.
Isabella Huser, “Das Benefizium des Ettore Camelli”

Gestern fand ich Violets Briefe an Bill. Sie fielen zwischen den Seiten eines seiner Bücher heraus und flatterten zu Boden.
Siri Hustvedt, ”Was ich liebte”

Eine Weile nachdem er das Wort Pause ausgesprochen hatte, drehte ich durch und landete im Krankenhaus.
Siri Hustvedt, ”Der Sommer ohne Männer”

Ein grauer, gedrungener Bau, nur vierunddreißig Stockwerke hoch. Über dem Haupteingang die Worte: BRUT- UND NORMZENTRALE, BERLIN-DAHLEM.
Aldous Huxley, “Schöne neue Welt”

Ich stelle mein Gepäck vor die Tür und klopfe drei Mal. Ich hämmere nicht an die Tür wie ein Polizist, aber auch nicht so leise, als ob ich mich fürs Klopfen schämte.
M.J. Hyland, “Wie ein Mord geschieht”

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